Offene Kirchen

Shownotes

Die offenen Kirchen der Schweiz sind sozial engagiert, ziehen mit einem grossen kulturellen und spirituellen Programm Passant:innen, Sinnsuchende und Reisende gleichermassen an. In dieser Episode von Reflex tauschen sich Verena Mühlethaler vom Offenen St. Jakob Zürich und Andrea Meier von der Offenen Kirche Bern aus: Was kann man sich von dieser besonderen Kirchenform abschauen, wo kommt sie an ihre Grenzen? Wie schaffen sie die Balance zwischen Offenheit und Sicherheit, zwischen Bedürfnissen von Menschen am Rand und der harten Realität der Stadt?

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00:00:00: Speaker 1: Reflex Dein Podcast zur Kirche und Gesellschaft. Themen, die dich bewegen. Wir diskutieren sie. Ein Podcast der evangelisch reformierten Kirche Schweiz.

00:00:13: Speaker 2: Hallo zusammen, Ihr hört Reflex euren Podcast der Reformierten. Heute gehen unsere Grüße an die Kolleginnen und Kollegen in der Ostschweiz. In dieser Ausgabe soll es um eine ganz besondere Kirchenform gehen, nämlich um die offenen Kirchen oder auch Citykirchen genannt. Neben anderen Institutionen können gerade die offenen Kirchen eine Zuflucht auf Zeit sein, zum Beispiel vor Kälte. Oder man genießt hier einfach eine Verschnaufpause in der Vorweihnachtszeit. Ich habe heute zwei Vertreterinnen von offenen Kirchen hier, die über ihre Erfahrungen und Herausforderungen sprechen werden. Von der Citykirche offener. St. Jakob In Zürich begrüße ich die Frau, die laut eigenen Aussagen die großen Sinnfragen ins Theologiestudium geführt haben. Seit zwei tausend zehn ist sie Pfarrerin in der offenen St. Jakobskirche. Diese Kirche engagiert sich für geflüchtete Umweltthemen und sie ist dafür, dass die Kirche die Stimme in der Zivilgesellschaft erhebt. Verena Mühlethaler. Herzlich willkommen!

00:01:15: Speaker 3: Vielen Dank und hallo!

00:01:17: Speaker 2: Und auch hier in Bern gibt es eine offene Kirche, nämlich am Bahnhofsplatz. Deren Geschäftsführerin ist heute hier. Sie ist Theologin und auch Co, Leiterin vom Fachzentrum Mensch und Gesellschaft der Katholischen Kirche in der Region Bern. Andrea Meier Merci, dass du dir die Zeit genommen hast.

00:01:35: Speaker 4: Merci, dass ich hier sein darf.

00:01:37: Speaker 2: Ja, nah bei den Menschen offen gestaltet. Spannend. Sollte eigentlich nicht jede Kirche eine offene Kirche sein in euren Augen?

00:01:46: Speaker 3: Grundsätzlich sehr gerne. Und ich muss sagen, es gibt auch immer mehr Kirchen, zumindest in Zürich, die auch tagsüber ihre Türe öffnen. Also ich glaube noch vor längerer Zeit war das wirklich fast ein Alleinstellungsmerkmal, das reformierte Kirchen tagsüber offen waren. Die katholischen Kirche Kirchen haben da eine viel längere Tradition. Aber mittlerweile öffnen auch andere reformierte Kirchen ihre Türen. Auch auf dem Land begegnet man das immer wieder. Das finde ich eine sehr schöne Entwicklung.

00:02:15: Speaker 4: Genau. Ich denke, es gibt ja da auch noch Abstufungen vom offen sein. Eben. Du hast die katholischen Kirchen erwähnt, unsere Kirchen sozusagen, sind ja an vielen Orten eigentlich immer offen für die Menschen, für das Gebet. Ich denke, was die offenen Kirchen oder die Citykirchen ja noch speziell haben, ist, dass sie sich auch darum bemühen, die die Schwelle zu senken, ganz für unterschiedliche Menschen und dieses Zusammenleben dann auch zu ermöglichen, zu begleiten von Menschen, die ganz unterschiedliche Interessen vielleicht auch haben in diesem Kirchenraum oder aus unterschiedlichen Gründen reinkommen. Und ich glaube, das ist etwas, was dann noch mal eine andere Qualität oder eine andere Art von Sorgearbeit.

00:02:58: Speaker 2: Auch ist ganz aktuell in diesen Wochen Welches Thema beschäftigt euch beiden am meisten?

00:03:04: Speaker 4: Also bei uns ist die Kirche einfach wahnsinnig voll und wahnsinnig bespielt die ganze Zeit. Und das ist etwas, was für uns als Mitarbeitende jedes Jahr eine Herausforderung ist. Weil es nicht nur so ist, dass allgemein die Menschen mehr in die Kirche kommen. Du hast die Gründe vorhin auch schon erwähnt. Eben. Zum einen ist es so es ist kälter draußen. Wir betreiben bei uns in der Kirche ein Cafe für anständige Menschen. Also das heißt, der Betrieb im Cafe ist ist auf Hochtouren. Aber es gibt auch viele Menschen, die eben die Ruhe suchen, weil weil es so viel los ist in der City. Wir sind direkt in diesem Einkaufstrubel, in diesem Black Weg Wahnsinn. Und das treibt auch Menschen zu uns in die Kirche. Und dann haben wir eben jeden Mittag ein Adventskalenderkonzert. Es sind ganz viele Schul Weihnachten bei uns. Wir haben andere Veranstaltungen, thematische oder. Und die Kirchgemeinde, die auch bei uns, mit der wir uns die Kirche teilen, hat natürlich auch ihre Veranstaltungen. Wir haben ein Barockzentrum mit viel klassischer Musik. Das ist auch Hochsaison quasi. Und dieses viele so aneinander vorbei und miteinander verwoben zu leben, dass das niemand verrückt wird dabei. Das beschäftigt mich, glaube ich.

00:04:22: Speaker 3: Ja, bei mir sind es vor allem Menschen, die in letzter Zeit wieder auf mich zukamen. Zum Beispiel beim Gespräch für eine Pfarrperson, das wir einmal in der Woche anbieten. Da war jetzt gerade kürzlich eine dreiköpfige Familie, beide mit Flüchtlingshintergrund. Sie so ein Papier eher nicht. Und die müssen bis Ende Jahr raus aus ihrer Wohnung und suchen verzweifelt eine neue Wohnung. Und solche Anfragen kommen regelmässig zu mir. Dann immer wieder zu merken, wie ein Stück weit ohnmächtig ist, eben selber bin weil in Zürich ist das eines der Probleme Nummer eins fehlender Wohnraum. Und gerade für Menschen mit Migrationshintergrund, die wenig Geld haben, ist das wahnsinnig schwierig. Oder es sind Geflüchtete, die auch regelmäßig kommen, die von einer Ausschaffung bedroht sind. Gerade im Moment viele Kurdinnen aus der Türkei, die ein Negativ bekommen, weil dasselbe eine härtere Gangart eingeschaltet hat und die, die wirklich verzweifelt sind und sagen, sie können nicht zurück. Also da droht Gefängnisstrafe, was durchaus auch passiert, was ich auch teilweise mitbekomme und die halt bei mir sind. Und ja, wo ich auch einmal mehr merke, ich kann diesen Entscheid vom SEM nicht rückgängig machen. Diese Not mit auszuhalten, das ist immer wieder eine Herausforderung und gleichzeitig natürlich auch zu schauen, was gibt es für weitere Wege für diese Menschen. Das ist so ganz in der Nähe und damit zusammenhängend natürlich so die grosse große globale Großwetterlage, die einfach schon auch sehr düster ist und was ich auch von den Leuten immer wieder mal mitbekommen die, die seufzen und sagen Hey Verena, was ist los mit unserer Welt? So viele Kriege und überall wird wieder aufgerüstet. Ich merke, das macht den Menschen Angst, Das macht auch mir Angst. Und das ist schon auch eine Herausforderung, jetzt auf Weihnachten zuzugehen. Das Fest der Liebe, das Fest des Friedens, der Lichter. Und ich finde das Fest großartig. Und ich will das gerne wieder feiern. Auch ein für mich immer wieder eine Frage Wie bringt man diese verschiedenen Welten und Erfahrungen zusammen?

00:06:28: Speaker 2: Das war schon ein kleiner Deep Dive. Ich habe für euch noch ein paar Facts zusammengetragen, bevor wir weitersprechen. Welche Citykirchen gibt es eigentlich in der Schweiz und was ist das Konzept dahinter? Reflektor Seit neunzehn hundert neunzig ist die Kirche am Zürcher Stauffacher eine Citykirche unter dem Namen Citykirche offener. Sankt Jakob. In Bern gibt es, wie erwähnt, die Heilig Geist. Sie war früher eine Spitalkirche und seit neunzehn hundert neun und neunzig steht sie unter der Woche, als sie die Kirche offen und ist gleichzeitig der Ort der Kirchgemeinde Heilig Geist. Neunzehn hundert vier und neunzig startete die offene Kirche Elisabethen in Basel, als sie die Kirche und inzwischen gibt es solche Kirchen auch noch in Luzern, Zug und Sankt Gallen. Wobei die letztere leider gerade ihre Pforten schließen muss. Die Kirchen unterscheiden sich in Trägerschaft und Angeboten. Allen gemein ist aber, dass sie für interreligiöse und theologische Offenheit stehen. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Kunst, Kultur, Spiritualität und schaffen Angebote für Menschen in den Innenstädten. Ja, Verena hat es gerade schon erwähnt. Also es ist nicht alles lustig in der offenen Kirche, oder nur still und nur andächtig. Die Leute kommen teilweise wirklich mit großen Anliegen. Andrea, bekommst du das auch mit bei euch?

00:07:58: Speaker 4: Ja, natürlich. Also bei uns ist es zum einen so, dass wir eben durch diese Cafeteria, die von Freiwilligen getragen wird bei uns also wir haben eine Cafeteria, die an fünf Tagen pro Woche offen ist. Das sind dreißig Menschen, die jede Woche dort eine Schicht übernehmen und arbeiten. Und die sind natürlich all diesen Themen extrem ausgesetzt. Vielleicht nicht in dieser Art, wie sich Menschen an eine Pfarrerin wenden würden. Aber trotzdem sind die Themen von Einsamkeit, von Verdrängung eben diese Frage, dass Menschen ihre Wohnungen verlieren, dass Wohnraum nicht mehr erschwinglich ist in den Innenstädten, aber auch Fragen von sehr viel Fragen, von Einsamkeit, von sich abgehängt fühlen sind bei. In der Cafeteria ein großes Thema. Wir merken auch, dass diese Frage von Menschen in schwierigen Lebenslagen, die auch gegenseitig ausgespielt werden in der Gesellschaft also das wie quasi arme Schweizerinnen dann gegen Ausländerinnen sprechen oder dass es draußen bei uns ist. Ja, der Bahnhofplatz ist wirklich ein ein sozialer Brennpunkt. Dort gibt es viele Probleme, auch mit den neuen Drogen, die jetzt aufkommen, die die Menschen aggressiver machen, die die Menschen noch anfälliger machen, eigentlich auch für Gewalt. Und dort zum Beispiel haben wir diese Problematik mit den nordafrikanischen Männern, die ja von den Medien auch viel diskutiert wird und wo wir auch merken, dass es dann quasi Süchtige, die Schweizerinnen schon lange auf dem Platz sind, dann auf extrem abschätzige Weise über diese jungen Dealerinnen oder über die jungen Süchtigen mit migrantischem Hintergrund sprechen. Also dort sind natürlich diese Themen der Weltbühne sozusagen auch bei uns in der Kirche. Wir versuchen immer wieder, Momente zu kreieren, wo wir eine andere Realität kurz erleben. Ich würde sagen, bei uns ist das etwas, was für uns wichtig ist, dass wir so etwas feiern wie International Christmas zum Beispiel mit geflüchteten sans Papiers, wo wir alle zusammen ein Krippenspiel basteln oder bauen in verschiedenen Sprachen von verschiedenen Herkünften. Oder wir haben den Ewigkeitssonntag gefeiert mit den Menschen auf der Gasse, wo wir alle zusammen sind für einen Moment. Und dann alle denken, die gestorben sind auf der Gasse. Und ich glaube, das ist für uns wichtig, immer wieder so ein Moment zu kreieren, wo wir sagen können Hier ist es jetzt gerade irgendwie okay. Und das ist natürlich nichts, was die Welt rettet oder so oder diese Probleme alle auflöst. Aber wir sehen ein bisschen unsere Aufgabe manchmal darin eben dieses Zusammenbringen der Menschen. Wir haben einen Adventskalender, auch jeden Mittag eine halbe Stunde Konzert, wo wir auch feststellen, sehr unterschiedliche Menschen können dann eine halbe Stunde hier mal zusammen sitzen und hören. Ich weiß nicht, ob das wirklich was es immer bringt oder so, man ist ja immer auch am überlegen. Was kann man tun, damit diese diese wirklich dunkle Realität irgendwie vielleicht umgestaltet werden kann in einer Zukunft, die wir nicht kennen. Aber wir versuchen immer wieder diese gemeinsamen Momente zu kreieren.

00:11:15: Speaker 3: Ja, wir haben kein Cafe. Insofern haben wir, glaube ich, nicht so viele tägliche Besucher Besucherinnen, wie ihr das in Bern habt. Wir haben aber sehr wohl einen Präsenzdienst. Also das sind Freiwillige, die im Foyer sitzen, immer so zwei Stunden und das ist enorm wichtig, merke ich, dass die Leute, die, die von außen kommen, die die Kirche betreten, dass sie willkommen geheißen werden, weil, wie du schon sagtest, andere ja auch bei uns gibt es viele Menschen, die einsam sind und die sehr regelmäßig vorbeikommen. Und natürlich von uns paar Personen ist lange nicht immer jemand da, dass dann da jemand sitzt, eben ein Freiwilliger, eine Freiwillige mit Zeit und einem offenen Ohr, so dass die Menschen oft einfach nur in Anführungs und Schlusszeichen nur erzählen können. Ich denke, das ist etwas ganz Wichtiges, ein wichtiges Angebot von unseren offenen Kirchen. Und ansonsten ja, versuchen wir natürlich schon auch überhaupt immer wieder, was du gesagt hast, Andrea. Auch Menschen aus verschiedenen Milieus und mit verschiedenen Hintergründen zusammenzubringen, wie zum Beispiel Wir haben einen Deutschunterricht für für Geflüchtete mit Geflüchteten, wo auch viele in sehr prekären Situationen sind. Und jetzt im Dezember gibt es dann immer eine sehr große Advents oder Weihnachtsfeier mit einem wunderbaren Essen an festlich geschmückten Den Tischen, wo ein hundert fünfzig Leute kommen, teilweise aus dem ganzen Kanton und auch die Freiwilligen mit dabei sind, also wo es und wo auch offen ist für weitere Menschen, wo dann Flüchtlinge auch mal zeigen können, was sie können, nämlich ein Instrument spielen oder ganz berührende Lieder singen oder tanzen. Also das ist immer eine sehr fröhliche Angelegenheit. Und wenn ich so dabei bin und in die ja mal entspannten Gesichter schaue, auch mal leuchtende Augen sehe, dann denke ich, ist das auch so ein Moment, wo die Menschen mal ihre Sorgen vergessen können und wo so was wie eine Community, eine Gemeinschaft entsteht, die dich stärkt und wo die Leute wieder auftanken können. Und vielleicht noch was was weiteres, was mir in den Sinn kommt. Zum Thema Wie können wir Gräben in der Gesellschaft überwinden? Also das ist noch ein bisschen Zukunftsmusik, aber da freue ich mich mich sehr darauf. Wir planen nämlich so um die Osterzeit an verschiedenen Orten und auch in Zürich ein Projekt, das nennt sich die Schweiz spricht. Wir sind inspiriert worden von Deutschland, da gibt es da schon länger und auch eben gerade Kirchen haben das aufgenommen im Ruhrgebiet. Und jetzt Andreas Nufer Der war ja auch lange an der offenen Kirche Bern, der jetzt theologischer Leiter im Kloster Kappel ist. Und ich, wir haben gesagt Hey, das wollen wir auch bei uns versuchen und haben jetzt verschiedene Personen aus der ganzen Schweiz gewinnen können. Und ich finde die Idee bestechend einfach und doch glaube ich wirklich sehr notwendig und wichtig. Nämlich es geht darum, dass wir Menschen zusammenbringen aus ganz verschiedenen Milieus. Man beantwortet davor etwa sieben bis zehn Fragen im Sinne von Findest du gut, dass die Schweiz aufrüstet oder findest du es wichtig, dass wir gendern, also weibliche und männliche Sprachformen verwenden. Oder braucht es die Kirchen noch? Also solche wichtige Fragen. Und dann haben wir so ein Computerprogramm und dann werden immer Menschen zusammengebracht, die möglichst unterschiedliche Meinungen haben. Und an einem Tag bei uns wird es wahrscheinlich im April sein, laden wir dann all diese Paare ein, dass sie vor Ort eine Stunde lang miteinander sprechen. Und es geht halt darum, ein bisschen mehr Verständnis zu gewinnen für Menschen, die anders denken, vielleicht auch andere Werte haben und trotzdem dann hoffentlich zu erkennen. Hey, ja, ich verstehe jetzt ein bisschen, warum die so denken, ja. Und die können vielleicht trotzdem auch nett sein oder haben auch ihre Gründe, warum sie so denken. Also das Ganze soll ein bisschen auch zu mehr Verständnis füreinander führen. Und ich glaube, das ist auch Friedensarbeit und ist gerade auch in einer Demokratie sehr wichtig, Wo? Ja, so heißt es, diese Gräben zwischen verschieden Denkenden. Immer tiefer wird.

00:15:40: Speaker 4: Ich finde das. Ich finde das auch ein sehr spannendes Projekt. Ich habe. Mir fällt dazu etwas ein, was ich letzte Woche gesagt habe. Ich glaube, es war in einer Führung. Ich weiß, letzte oder vorletzte Woche ging es darum. Wie machen wir das? Oder was ist quasi unsere, unsere Haltung? Oder wie machen wir es, dass nicht die ganze Zeit Konflikte bei uns in der Kirche ausbrechen oder so? Oder wie gehen wir damit um, dass wir so unterschiedliche Dinge haben, wie eben eine Ausstellung zur Friedensarbeit und einen anständigen Kaffee und ein Barockkonzert und alles im gleichen Raum, so wie Wie funktioniert das? Und ich habe dann so spontan gesagt und seither denke ich darüber nach. Und wir haben auch im Team darüber gesprochen, so wie wir halten eigentlich vor allem den Ball flach. Und das ist mir so rausgerutscht, als mir jemand die Frage gestellt hat. Und ich stelle aber fest, Das ist etwas, was für unsere Arbeit jetzt in unserer Citykirche, die auch interreligiös ist, dass wir Wir merken, es gibt auch eine Qualität darin, die Dinge ein bisschen eben den Ball ein bisschen flach zu halten und zu sagen das Zusammensein ist jetzt wichtiger. Es gibt andere Orte, wo wir ganz ebenden Deep Dive machen, wo wir ganz detailliert darüber auch streiten und genau ausmachen müssen, wie es jetzt ist. Und es ist aber auch wichtig für eine, für eine Stadt, vielleicht allgemein für eine Gesellschaft, dass es Orte gibt, wo wir einfach zusammen sind und wo wir vielleicht eben International Christmas feiern mit Leuten, die nicht Christinnen sind. Andere Religionen haben und nicht zu Ende diskutieren, ob das jetzt in Ordnung ist, dass wir das machen und so und anonyme Christen und etc. und missionarisch und weiß nicht was, sondern einfach sagen Nein, es geht gar nicht darum. Es geht darum, dass wir gemeinsam dieses Fest feiern, was hier in dieser Stadt irgendeine Art von Bedeutung hat. Und wir versuchen, diese Bedeutung zu finden. Gemeinsam. Und wenn dir einfällt, dass eben Maryam Isa geboren hat unter der Palme, dann können wir das so spielen, dass in Ordnung, es ist wie gar nicht. Das ist wie gar nicht die Frage. Oder das fällt mir ein dazu. Oder dass es beides braucht. Es braucht dieses dieses tiefer gehende Diskutieren, versuchen einander zu verstehen. Aber manchmal ist es vielleicht auch in Ordnung, einfach ein gemeinsames Erlebnis zu haben, so wie es du beschrieben hast mit dem Weihnachtsessen.

00:18:03: Speaker 2: Man könnte von außen betrachtet dann sagen Ja, gut, Sie schreiben dran Spiritualität und wir sind offen für alle. Dann bleibt es aber vielleicht auch ein bisschen flach. Verena ist diese, die diese Sorge schon mal untergekommen, dass man sagt so, ja, das ist jetzt also ein nettes Angebot und jeder kann da so geht nur so bis zu einer Wohlfühlgrenze.

00:18:27: Speaker 3: Ich glaube, dafür besteht bei uns zumindest keine Gefahr. Und so wie ich euch kenne, in Bern auch nicht zu einem. Zum einen kommen natürlich auch Menschen regelmässig zu uns, die wirklich auch psychisch erkrankt sind oder total verloren und also schon. Die sind öfters auch eine Herausforderung, um zu schauen, dass sie jetzt nicht irgendwie was demolieren oder den Gottesdienst nicht stören. So, wobei, das sind schon Einzelfälle. Und zum anderen verstehen wir uns ja durchaus auch als politische Kirche. Unser Motto oder jedenfalls mein Motto ist ein Zitat von Sölle oder ist eigentlich ein Buch mit dem Titel Mystik und Widerstand. Also für mich gehört das unbedingt zusammen. Mystik oder ein bisschen weiter gefasst Spiritualität. Christlicher Glaube und gesellschaftliches Engagement und auch Einmischen in gesellschaftliche Debatten. Und schon deswegen denke ich, kann es bei uns nicht allzu gemütlich und ruhig werden. Ja, zum Beispiel aus aktuellem Anlass eben. Das beschäftigt ja sehr viele Menschen. Euch ja auch in der offenen Kirche. Während der schreckliche Krieg in Israel und vor allem Palästina, also insbesondere dem Gazastreifen. Das haben wir auch schon in einem Gottesdienst und da habe ich einen Gottesdienst aufgenommen, gleich nachdem dieser schlimme schlimme Massaker in Israel passiert ist, zusammen mit einem jüdischen Menschen und einer Aktivistin, die schon seit Jahren immer nach Gaza geht. Dann hat meine Kollegin mehrmals eine interreligiöse Klagefeier gemacht, wo es darum ging, gemeinsam zu trauern. Zusammen mit einem Rabbi hat sie diese Feier gemacht und einem islamischen Theologen, wo auch wirklich alle Menschen aus den verschiedenen Religionen willkommen geheißen worden sind und man den gemeinsamen Nenner gesucht und gefunden hat, nämlich die gemeinsame Trauer um Menschen, die dort getötet werden. Kürzlich haben wir einen Film gezeigt Where Olive Trees Web, einen wirklich erschütternden Film. Einen aktuellen Film, der zeigt, wie Palästinenser innen, vor allem in der Westbank, schon seit mehreren Jahren, Jahrzehnten versuchen, irgendwie zu überleben und immer wieder wahnsinnige militärische Gewalt seitens Israel erfahren und trotzdem irgendwie versuchen, nicht ganz daran zu zerbrechen. Also auch das ein sehr politischer Film, wo sechzig Leute gekommen sind und im Anschluss haben wir dann auch einen großen Kreis gebildet. Also wir versuchen ja auch immer so darauf zu reagieren, dass es eben nicht spaltet solche Themen, sondern dass wir das auf eine Art und Weise verdauen können, um dann ja irgendwie auch wieder vielleicht sogar gestärkt rauszugehen. Das ist natürlich eine Herausforderung bei so einem Thema. Aber ich glaube, das gelang uns ganz gut, weil wir haben dann danach eingeladen, die Leute jetzt nicht in eine Debatte über den Israel Palästina Krieg reinzugehen. Etwas, ja, was, was man sowieso einfach in einer Stunde ja überhaupt nicht lösen kann und was oft eben nur wieder die Emotionen schürt, sondern wir haben eingeladen, eigentlich also das, was durch diesen Film ausgelöst worden ist, zu teilen und gemeinsam zu halten, um um nicht zu verzweifeln und ja irgendwie doch auch wieder gestärkt in den Alltag zurückzugehen. Und das wollen wir jetzt regelmäßig machen, also jetzt nicht nur in Bezug auf den Israel Palästina Konflikt, sondern es gibt ja noch andere gesellschaftliche Themen, die die Menschen und mich total beschäftigen. Es geht ja um diese Gratwanderung, zwischen gar nicht mehr hinzuschauen. Und das machen ja auch viele. Einfach wegzuschauen und sich abzulenken mit shoppen, was man jetzt wieder wunderbar kann in der Adventszeit oder sich zu betrinken oder oder. Aber so sehr sich damit zu beschäftigen, dass man ausbrennt oder verzweifelt wird. Also beides wollen wir nicht, sondern wir versuchen eben ein Format zu kreieren, wo wir uns mit etwas beschäftigen, aber aber gleichzeitig auch, wo wir resilient bleiben, also auch in unserer Kraft bleiben können, um um auch da und dort wieder etwas bewegen zu können.

00:22:58: Speaker 4: Also das finde ich sehr beeindruckend, wie das erzählt und ich glaube, es ist bei uns spielt es schon auch eine große Rolle, diese Frage der verortet seins oder verwurzelt sein in seinem persönlichen Glauben jetzt von den Leuten, die im Team sind, aber auch sehr viele Freiwillige von uns. Und ich denke, dieses Engagement, das sie zeigen jetzt für diese Projekte, die wir gemeinsam realisieren, ist wie, wie verwurzelt in einem persönlichen Glauben oder in einer spirituellen Praxis, die sie pflegen. Wir haben eine ganz kleine Gruppe von Männern, die bei uns meditiert, zum Beispiel am Morgen. Das sind so kleine Elemente, die einfach zu diesem Wochenrhythmus dazugehören und die, die mithelfen, das Ganze zu tragen, so wie einen Boden zu legen für das Ganze. Denn ich denke, der ist eigentlich unverzichtbar. Und der hat auch viel damit zu tun, eben mit der Glaubwürdigkeit, die wir in der Gesellschaft auch haben. Weil ich glaube, es ist eben nicht so, dass wir irgendwelche eben jetzt gerade in Bern die linkeste Stadt der Welt, der Schweiz, nicht gerade der Welt, aber immer dieses dieses Ding. Ja, ihr seid einfach irgendwelche Aktivistinnen und dort finde ich schon ist es wichtig zu sagen nein, wir sind nicht irgendwelche Aktivistinnen, wir sind auch religiöse Menschen, die sich fragen Was? Was gibt es zu tun? Oder Kurt Marti hat das. Das wird erzählt, dass Kurt Marti im Alter ganz alt war und im Altersheim sich die Zeitung vorlesen ließ von Leuten und immer am Ende vom Artikel hat er dann gesagt So, und jetzt? Was gibt es jetzt zu tun? Oder Was müssen wir jetzt?

00:24:36: Speaker 3: Dann hat er einen Leserbrief geschrieben, oder?

00:24:39: Speaker 4: Ja, aber einfach. Und ich glaube, dass so das ist das, was ich glaube. Was eben dann auch nicht flach ist, sondern eben sich wirklich berühren zu lassen von der Welt in einer Realität, die auch mit der Art, wie Medien funktionieren, sehr stark uns in Versuchung führt, eben uns nicht echt berühren zu lassen, sondern die Dinge einfach vorbeiziehen zu lassen. Und ich denke, es gibt eben grosse Aktionen, wie auch beim Namen nennen, wo er ja sehr stark euch engagiert. Auch in Zürich, wo wir uns berühren lassen vom Schicksal von Einzelpersonen oder von von Menschen. Aber es gibt auch diese ganz kleinen Sachen oder eher kleinen Sachen. Wir haben in diesem Jahr zum Ersten Mal so eine Veranstaltungsreihe gemacht rund ums Ende, wo wir von verschiedenen Seiten sozusagen Rituale und Feiern zusammengefasst haben, die an uns herangetragen wurden. Von unterschiedlichen Menschen sei die einen christlich geprägt, die anderen eher offener, so Rituale. Und wir haben einfach festgestellt, dass dadurch, dass wir es sozusagen zusammen genommen haben, dass wir ihm auch Platz gegeben haben in unserer Kirche, diese Plattform genutzt haben, konnten wir in Kontakt kommen mit Menschen, die wir vorher überhaupt nicht gekannt haben. Und ich glaube, auch diesem ein bisschen diffusen allgemeinen Hunger von Menschen nach nach solchen Formen Platz zu geben. Das ist etwas, was für uns schon auch wichtig ist. Und ich glaube eben nicht, dass das dann flach ist oder ein Anbiedern an den Zeitgeist oder wie auch immer, sondern es hat wirklich auch damit zu tun, sich einzulassen auf die die verschiedenen Formen, die die Sehnsucht der Menschen annehmen kann.

00:26:22: Speaker 2: Also was ich jetzt höre Ihr wollt euch unterscheiden von jeder aktivistischen NGO, die da draußen so rumläuft und andererseits auch tiefer anbieten? Mich würde interessieren, was einerseits Was kommen für Leute bei euch in die Kirche? Sind das Leute, die ganz, ganz oft, ganz regelmäßig kommen Sind, dass Touristen kommen, Menschen einmal. Und andererseits Was sind das für Leute, die bei euch sagen Ich werde Freiwilliger? Ich engagiere mich da.

00:26:53: Speaker 4: Ganz verschieden, würde ich sagen. Also bei uns kann man es nicht so allgemein sagen. Wir haben schon Gäste, die uns besuchen. Wir haben sicher vor allem sowas wie Lichtermeer am Heiligabend. Da sind sehr viele, auch Touristen oder Gäste, die dazukommen. Wir haben viele Veranstaltungen, wo wir neue Gesichter sehen, vor allem in letzter Zeit. Das wundert uns auch so, Aber wir haben sowieso den Eindruck, dass es zumindest bei den kulturellen oder den politisch kulturellen Veranstaltungen sowie gelungen ist, dass die offene Kirche Bern auch so ein bisschen ein Veranstaltungsort ist, zu dem man hingeht, wenn irgendwas Interessantes ist und diese diese Hürde ich gehe in die Kirche ein bisschen gesenkt ist, Was bei uns sehr stark der Fall ist, ist, dass die Menschen auch so ein bisschen an den Formaten sich orientieren. Also es gibt die Community rund um Food Safe, es gibt die Community rund um Festival der Kulturen, Antirassismus Fragen. Es gibt so die Community, die sich interessiert, für die musikalischen Sachen. Also ich würde sagen, das ist schon sehr eindeutig so, dass die Menschen nicht so sehr jetzt die offene Kirche Bern als ihre Community anschauen, sondern eher so das spezifische Thema oder das Projekt, für das sie sich engagieren.

00:28:07: Speaker 2: Gibt das dann so einzelne Bubbles oder begegnen die Leute sich, die für Food Safe sind und die, die für Kirchenmusik offen sind.

00:28:15: Speaker 4: Das ist das, was wir versuchen, indem wir auch versuchen, wie so Brückenangebote zu schaffen oder die Leute einzuladen. Das ist natürlich schwierig zu sagen, ob wie sehr das funktioniert. Aber das ist sicher etwas, woran wir jetzt auch gezielt arbeiten möchten. Wer eigentlich wie immer da ist und sich am verbindlichsten engagiert, sind schon die Leute, die, die im Präsenzdienst Cafeteria mitmachen. Und das sind häufig Leute halt die, die nach der Pensionierung sich engagieren möchten, die halt auch tagsüber Zeit haben. Viele Leute auch. Also da gibt es die, die aus sozialen Berufen kommen und das weitermachen wollen. Und dann gibt es die, die genau nicht aus sozialen Berufen kommen und was anderes machen wollen.

00:28:52: Speaker 2: So haben die eine Schulung oder wie? Wie schaffen sie es auch diese, sage ich jetzt mal bis hin gehen zu soziale Beratung zu leisten.

00:29:02: Speaker 4: Also bei uns gibt es in der Cafeteria ganz klar keine Beratung. Es ist einfach ein Cafe und es gibt Kaffee und nette Menschen. Also das heißt, indem wir quasi den Auftrag klar umreißen und die Freiwilligen auch so instruieren, dass es sich richtig. Und es gibt einfach ein Schulungsprogramm, an dem sie teilnehmen können für die Leute, die bei uns, die, die das offene Ohr machen. Also das heißt ganz Ohr, das ist ein Gesprächsangebot. Dort gibt es regelmässige Coaching und Supervision, Angebote, wo die ganze Gruppe dann auch daran arbeitet. Also in den Bereichen, wo wir dann eher wo auch Nähe und Distanz heikler sind, gibt es auch wie mehr Auflagen und Schulungen zu diesem Thema. Ganz viele Freiwillige, die wir haben, sind halt ultra punktuell. Also wir arbeiten sehr viel mit offenen Schichtplänen, wo sich die Menschen eintragen können, die wir dann über Social Media verbreiten. Und da gibt es ganz viele Leute, die kommen einfach einmal im Jahr und mit, ich weiß nicht, führen die Schafe vom Bahnhofplatz zum Eigerplatz und am nächsten Morgen wieder zurück und fertig. Oder die kommen und die Backen fünf hundert Bananenmuffins und das war's. Aber für uns sind es halt. Diese punktuellen Begegnungen sind für uns auch sehr wichtig, weil wir damit dieses Gemeinschaftswerk Offene Kirche auch erlebbar machen, indem wir sagen Du musst nicht irgendeine Schulung machen oder in der Kirchengemeinde sein oder Steuern zahlen oder irgendwas, sondern du kannst dir deinen Namen reinschreiben und wenn du kommst, dann sind wir froh. So, also ich glaube, das ist auch noch so ein Spezifikum, wo ich jetzt sagen würde, was uns vielleicht auch ein bisschen von einer normalen Kirchgemeinde unterscheidet.

00:30:40: Speaker 3: Ich sage auch immer, wir haben ganz verschiedene Gruppen oder Angebote oder Beteiligungsmöglichkeiten, die bestimmte Leute anzieht und wo sie sich auch zu Hause fühlen und sie sich auch identifizieren mit dem offenen St. Jakob. Also das ist zum Beispiel der Präsenzdienst. Das sind dreißig Freiwillige, die regelmäßig im Foyer sind und ein offenes Ohr haben. Dann gibt es die Freiwilligen, die immer am Samstag Hände auflegen, also Menschen, also auch Seelsorge machen und am Schluss noch einen Segen geben mit einer Handauflegung. Dann gibt es zum Beispiel ganz regelmäßige Angebote, wie zum Beispiel fünf Rhythmen tanzen da jeden Donnerstagabend. Weil wir auch keine Bänke haben, eignet sich halt unser Raum auch super gut zum Tanzen und für vieles Weiteres. Auch das ist, denke ich, wichtig für so eine offene Kirche, Die Infrastruktur kann ich nur lachen.

00:31:34: Speaker 2: Du hast leider Bänke fest verbaut.

00:31:37: Speaker 3: Ja genau. Und da kommen wirklich immer bis zu ein hundert zwanzig Leute. Und da sind viele dabei, die kommen einmal, zweimal, dreimal im Monat zum Tanzen und für sie ist das teilweise auch wie ein Gottesdienst. Also die sagen auch, da machen sie spirituelle Erfahrungen, da können sie sich mit dem großen Ganzen verbinden. Die nennen es vielleicht nicht Gott, aber ich denke, da passieren ähnliche Erfahrungen wie wie, dass andere vielleicht auf ihre Art und Weise beim Meditieren oder im Gottesdienst haben. Meditation gibt es viermal in der Woche. Es gibt Leute, die immer nur am Freitag um fünf uhr zur Meditation kommen. Dann gibt es die, die immer am Sonntagmorgen zum Gottesdienst kommen. Die gibt es auch noch, neben allem anderen. Ja, und so ist das für mich wie ein großer bunter Blumenstrauß von ganz verschiedenen Menschen. Ich glaube, der gemeinsame Nenner ist ist die offene Kirche. Unterwegs sein wollen, das sich verbinden mit anderen Menschen, die einen mehr spiritueller Natur. Anderen geht es mehr um Kunst und Kultur. Bei den Dritten geht es mehr um Engagement, Politik. Alles hat Platz unter unserem Dach.

00:32:43: Speaker 2: Und man muss dafür nicht Mitglied einer christlichen Kirche sein oder überhaupt einer Religionsgemeinschaft. Hört ihr da manchmal auch Kritik, dass gesagt wird, gerade vielleicht von von engagierten Menschen in der reformierten Kirche? Ja, was bringt uns das, dass dann so eine Kirche zu haben, wenn das gar keine Mitglieder sind.

00:33:04: Speaker 4: Also ich finde, das ist eine sehr wichtige Frage zu diskutieren, weil wenn wir die Zahlen anschauen, dann sind die meisten Mitglieder, die unsere Landeskirchen haben, keine Kirchgängerinnen. Und die Frage, wie viele Kirchenmitglieder bei den Veranstaltungen der offenen Kirchen dabei sind und wie viele in den Kirchengemeinden, finde ich, ist eine spannende Frage, die man zumindest stellen kann. Weil ich denke, natürlich gibt es nicht so viele offene Kirchen, wie es andere Pfarreien und Kirchgemeinden gibt, wo am Sonntag Gottesdienst ist. Aber wenn wir schauen, wie viele Mitglieder eine Kirchengemeinde hat und wie viele Menschen am Sonntagmorgen zum Gottesdienst kommen, dann ist es definitiv so, dass es eine sehr große Zahl von Kirchenmitgliedern gibt, die sich für andere Dinge interessieren als für Gottesdienst oder die andere Gründe haben, in der Kirche Mitglied zu sein als Sonntagsgottesdienst oder Religionsunterricht oder so diese klassischen Dinge. Und deshalb, glaube ich, ist es wie die falsche Frage zu stellen, wenn man sagt Ja, ist es denn okay, wenn Menschen oder wer? Wenn Menschen in die offene Kirche kommen? Die, die nicht Kirchenmitglieder sind? Weil ich glaube, auch in den Kirchengemeinden ist es ja so, dass niemand quasi die Mitgliedschaft kontrolliert. Das ist ja zum Glück nicht so, weil die Kirchenmitgliedschaft ja etwas ist, was quasi Menschen idealerweise aus einer inneren Überzeugung beibehalten oder sich dafür entscheiden. Im seltensten Fall. Und ich denke, dass wir als offene Kirchen dort schon eine wichtige Rolle auch spielen für diese Menschen. Die, die noch in der Kirche sind oder die in der Kirche bleiben, weil sie eben auch dieses Engagement für Menschen am Rand sehr wichtig finden oder weil sie sich vielleicht auch wiederfinden in diesen anderen Formen von Kirchennutzungen oder von von Möglichkeiten, in einer Kirche auch spirituelle Erfahrungen zu machen, wie ihr es eben oft auch anbietet. Und ich glaube, dort ist ja dann eben die Frage der Kirchenmitgliedschaft insofern relevant, weil die Frage Wozu brauchen wir für die Kirche Steuergelder? Oder Was gibt es für Gründe, dass in der breiten Gesellschaft Menschen der Meinung sein sollten, dass die Kirche Steuern erheben darf? Diese Fragen Für diese Fragen, glaube ich, spielen die offenen Kirchen eine nicht unwesentliche Rolle.

00:35:25: Speaker 3: Also ob Menschen kritisch fragen, ob wir da zu viel machen Für Menschen, die nicht Kirchenmitglieder sind, muss ich sagen, höre ich eigentlich nicht. Ich frage mich manchmal schon so in der Zukunft, wie das denn aussieht. Also im Moment, darf ich sagen, haben wir immer noch eine sehr gute finanzielle Situation in Zürich. Also da ist immer noch irgendwie viel Geld herum. Wir können immer noch tolle Angebote machen und finanzieren, müssen eigentlich kaum Fundraising machen, ausser es ist mal wirklich ein sehr großes, teures Projekt. Dank den vielen zahlenden Mitglieder. Aber natürlich, die nehmen ab. Also jeden Monat treten wieder welche aus. Und dann frage ich mich natürlich schon, wie sieht das dann in zehn oder vielleicht auch schon vorher Jahren aus? Wenn dann wirklich mal viel weniger Geld zur Verfügung haben? Müssen wir dann nicht auch auch neue Modelle entwickeln oder. Ja, ein bisschen strenger sein und sagen alle, die nicht Mitglied sind, die müssen halt jetzt für ein Angebot bezahlen, auch aus Fairness gegenüber den Kirchenmitglieder, die da immer Steuern zahlen, denke ich. Da ist wirklich dann schon noch auch Diskussionsbedarf und müssen wir sicher auch neue Wege suchen, damit wir weiterhin so offene Kirche sein können mit einem großzügigen Angebot für Menschen, egal welcher Herkunft und sehr oft auch gratis.

00:36:49: Speaker 2: Andrea, vielleicht willst du noch ergänzen, wie die Heilig Geist sich finanziert.

00:36:55: Speaker 4: Also bei uns ist natürlich ein anderes Modell. Wir sind ein Verein, ein interreligiös religiöser Verein, der Leistungsvereinbarungen mit der Gesamtkirchengemeinde mit den beiden städtischen Gesamtkirchengemeinden römisch katholisch und evangelisch reformiert hat. Und wir finanzieren uns natürlich zu einem gewissen Teil schon jetzt über Drittmittel, die wir einfach durch Gesuche bekommen. Und natürlich die Frage zum Beispiel Wie steht die Stadt zu uns? Oder der Kanton? Sind wir sozusagen so was wie ein Theater, das man finanzieren soll oder wie eine Bibliothek oder nicht? Das sind natürlich Fragen, die bei uns eigentlich schon so ein bisschen auf der Agenda stehen. Wir haben da keine Lösungen bis jetzt. Oder aber wir bekommen immer wieder. Punktuell werden wir regelmässig unterstützt, auch von der Stadt zum Beispiel oder vom Lotteriefonds. Und deshalb sind wir dort ein bisschen in einer anderen Situation, weil wir ja als Verein aufgestellt sind und das eigentlich seit der Gründung. Also sind wir ein Projekt. Ein nicht endendes. Bis jetzt.

00:37:58: Speaker 2: Zum Glück gibt es noch andere Herausforderungen neben dem finanziellen. Stichwort Sicherheit und solche Dinge.

00:38:07: Speaker 3: Ja, wie ich schon sagte, gibt es ab und zu halt Menschen, die dann auch regelmäßig auftauchen. Es fällt mir jetzt gerade einer ein, der hat Migrationshintergrund, der ist psychisch total angeschlagen. Wahrscheinlich auch mehrfach traumatisiert. Der kann kaum ein Wort Deutsch und eine total verlorene Seele, der kommt halt regelmäßig auch in unserer Kirche. Jetzt im Winter sowieso, wenn es warm ist. Die können auch dann mal tagsüber ein Nickerchen machen auf den wenigen Bänken, die wir noch haben. Aber der ist auch einer, der hat auch mal jemandem ein Handy geklaut, oder? Als wir meditierten oder eine Gruppe meditierten, hat er sie gestört und sogar angefasst, weil er Geld wollte. Also ja, so gibt es ab und zu Menschen, die wirklich eine Herausforderung sind. und wo wir schon auch immer wieder diese diesen Weg suchen müssen. Einerseits wollen wir offen sein, gerade auch für Menschen am Rande der Gesellschaft, die sonst nirgendwo willkommen sind. Aber natürlich müssen auch wir manchmal Grenzen ziehen, wenn wenn die sich nicht an unsere Regeln halten und haben auch schon Hausverbote aussprechen müssen. Etwas anderes, was du vorhin auch angesprochen hast, Andrea, gerade im Moment wieder gibt es eine Gruppe von Menschen, die die Drogen nehmen und die dann unter dem Vordach der Kirche konsumieren. Also wenn ich dann Donnerstag morgens früh für die Meditation komme, um viertel vor sieben liegen da im halbwachen Zustand sieben oder zehn Menschen und sagen dann immer schnell Ja, ja, wir sind dann gleich weg und hinterlassen teilweise wirklich auch eine Sauerei. Auch das sind dann so Situationen, wo wir dann auch im Team überlegen, wie lange können wir das dulden und wo verschließt es den Zugang zu unserer Kirche für andere Menschen.

00:39:53: Speaker 4: Ja, das ist natürlich bei uns auch ein großes Thema, gerade weil wir diesen sozialen Brennpunkt haben. Bei uns ist es wie, also quasi die Verdrängung ist eigentlich keine Option, weil die dort ist es einfach so, dort sind diese Menschen und die Option, dass sie quasi nicht mehr dort sind, die ist jetzt von unserer Meinung her nicht realistisch. Also das wird nicht passieren, oder Die Frage ist, wie wir einen Umgang finden und eben wie wir auch damit umgehen, dass unterschiedliche Menschen den Zugang erhalten und dass dieser Zugang zu unserer Kirche für verschiedene Menschen wie angenehm gestaltet werden kann. Und ich glaube, was bei uns zurzeit schon auch ein großes Thema ist, ist die Frage, wie viele Ressourcen wir dafür aufbringen können, weil wir merken, dieses sorgfältige willkommen heißen, dieses sorgfältige Gastgeberin sein auch gerade im Rahmen von größeren Veranstaltungen ist einfach personalintensiv und es ist für uns keine Option, quasi Sicherheitspersonal anzustellen oder so, sondern es geht für uns darum, eben so wie du es vorhin genannt hast, dass jemand dort ist, der einen willkommen heißt und damit quasi den Ton auch ein bisschen setzt für diesen Ort. Und wir haben damit eigentlich sehr gute Erfahrungen, wenn wir genügend Leute sind. Wenn die Leute auch wie bei sich sind, wenn die Leute die entsprechende Reflexion und Schulung, also Schulung im Sinne von auch Austausch mit anderen darüber gehabt haben, wie wir das hier haben wollen, dann sind die meisten Menschen dafür empfänglich. Es gibt eben natürlich gibt diese Einzelfälle, die randalieren und dann ist es bei uns auch so, dass man dann die Polizei kommt und jemanden vor die Tür stellt. Aber generell haben wir den Eindruck und auch die starke Überzeugung, dass wir diesen Raum eigentlich halten können. Aber es ist natürlich so, Es ist nicht möglich, in unserer Kirche alleine eine Veranstaltung durchzuführen. Und diese Idee merken wir immer wieder. Oder das ist etwas, das ist recht üblich in anderen Orten, dass eine Pfarrperson oder eine Meditation anbietet, die Kirche aufschließt, das Licht anmacht und dann meditieren wir. Und das ist nicht so realistisch in unserem Setting, weil die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand reinkommt und dann irgendetwas nascht und wir wissen nicht, was es ist und dann geht die Person irgendwie nach oben. Keiner weiß, wo sie ist. Dann muss man die Gruppe allein lassen. Das ist einfach nicht gut. Und ich glaube, dort ist es auch wichtig, immer wieder zu sich selber oder? Das merke ich bei mir selber, wenn es darum geht, auch die Ressourcen zu einzuplanen oder sich zu überlegen wofür nehmen wir uns wie viel Zeit? Das immer auch im Auge zu haben, dass quasi diese Sorge für den ganzen Raum und dieses eben, wie du es genannt hast, das Halten der ganzen Situation. Dass das auch Kraft braucht und Zeit. Und dass es nicht so schnell geht. Irgendwas zu machen. Wie vielleicht an einem anderen Ort.

00:42:56: Speaker 2: Also ihr müsst sehr flexibel sein, euch immer wieder einlassen, glaube ich, auf jede Situation, die da kommt. Das stelle ich mir schon wirklich herausfordernd vor. Ich will mal über die Aufsteller sprechen. Könnt ihr beide euch vielleicht an ein oder zwei Situationen erinnern, wo ihr gesagt habt. Das ist es jetzt wirklich, das Herz der Arbeit. Das hat jetzt wirklich was bewegt. Dafür mache ich das. Dieses ganze Konzept sieht die Kirche.

00:43:20: Speaker 3: Ja, da fällt mir spontan ein, eine. Das war wirklich toll. Eine Solidarreise, die wir vor zwei, drei Jahren organisiert haben. Wir wiederholen es jetzt Ende Mai. Wir haben jedes Jahr zehn tausend Franken zur Verfügung, die wir einem Projekt spenden dürfen von unserer reformierten Kirchgemeinde, was super toll ist. Und der Film von Milo Rau, Das neue Evangelium haben wir gezeigt in der Gemeinde. Das hat uns alle sehr berührt. Wir hatten auch ein Gespräch mit Milo Rau und Ivan Zanier, dem Jesusspieler, der aber gleichzeitig Aktivist geworden ist, weil er an eigener Haut erfahren hat, was es bedeutet, in Süditalien unter der brennenden Hitze vierzehn Stunden lang Tomaten zu pflücken, die dann für einen super günstigen Preis bei uns im Migros landen. Der Preis ist nur so günstig, weil diese Menschen schrecklich, aber ganz schlimm ausgebeutet werden. Also die verdienen zwischen zehn und dreißig Euro pro Tag, leben in slumähnlichen Bedingungen. Also man muss sagen moderne Sklaverei. Also uns hat das die Augen geöffnet und wir unterstützen seitdem finanziell das Projekt No Cup, wo sie versuchen auf Feldern Gemüse anzubauen, das biologisch ist und vor allem, wo Menschen legal arbeiten können und einen anständigen Lohn bekommen und nicht ausgebeutet werden. Und dann haben wir gesagt, wir wollen nicht nur Geld spenden, sondern diese Menschen auch kennenlernen und sind darum nach Süditalien gefahren, eine Woche lang, und haben mit diesen Menschen gesprochen, mit eigenen Augen auch gesehen, wie die eben überleben müssen in diesen Blechhütten ohne sanitäre Anlage, wo Gewalt herrscht, also unvorstellbares Elend. Und als wir zurückkamen und das war wirklich für mich auch ein Highlight wie die ganze Gruppe, da kamen Menschen auch aus der ganzen Schweiz mit sofort zu ihren Läden hin, gingen Quartierläden oder was auch immer gesagt Hey, ihr müsst diese No Carb Tomaten verkaufen. Und gemeinsam haben wir eine Ausstellung gemacht mit Begleittexten, einfach um die Leute zu informieren. Wir haben dann Ivan Sanje eingeladen und es kamen zwei hundert Leute zu dieser Vernissage. Und ja, ich habe das Gefühl, da haben wir wirklich auch etwas wieder in Bewegung setzen können. Mein Verständnis ist auch immer wieder über unseren Tellerrand hinweg zu schauen. Wir leben doch in einer der reichsten Länder und Städte der Schweiz. Und dann auch immer wieder wirklich hinzugehen oder hinzuhören zu den Menschen, die ja nur ein tausend Kilometer entfernt von uns ein absolut schlimmes Leben führen müssen. Und wir sind mit ihnen verbunden, insofern wir diese Tomaten konsumieren. Wir essen das, was Menschen erlitten haben, sozusagen, also wir. Und da auch einen kleinen Beitrag zu machen, hoffentlich zu mehr Gerechtigkeit und und ein Leben in Würde für diese Menschen. Auch das gehört für mich zur zur offenen Kirche, zur Citykirche.

00:46:27: Speaker 4: Also bei mir ist es immer so, dass ich immer wieder die Krise habe und denke, es ist alles viel zu anstrengend und zu kompliziert. Und diese kirchlichen Strukturen und das ist das Geld irgendwie alles gar nicht und nachher ist irgendein Anlass, Egal welcher. Und jedes Mal bin ich so wie am Abend. Wenn ich dann die Kirche schließe, so denke ich so Wow! Okay. Darum mache ich das. Also ich bin meistens eigentlich von unseren Anlässen begeistert. Jetzt, wenn du aber fragst, so nach Highlights, würde ich sagen, fallen mir zwei Sachen ein vom letzten Jahr. Das eine ist wir haben im Rahmen der sechzehn Tage gegen Gewalt an Frauen letztes Jahr, jetzt nicht. In diesem Jahr haben wir ultra spontan im Team die Idee gehabt, wir könnten ein Chorkonzert organisieren, ein solidarisches Chorkonzert zugunsten der der Frauenhäuser in der Schweiz und haben einfach alle Chöre angefragt, die uns eingefallen sind, die irgendwie feministisch sind oder Frauenchöre oder so. Am Ende hatten wir einen Konzertabend mit dem queer feministischen Chor der Reitschule und mit dem Frauenchor der Reitschule und mit einem Ensemble von Frauen, die die a capella singen. Und die Kirche war einfach voll mit Leuten. Und es war so schön, diesen Abend zu erleben, weil es lauter Menschen waren, die vielleicht auch schwierige Erlebnisse mit der Kirche hatten, die sehr kritisch gegenüber der Kirche sind, die vielleicht auch sonst nie in die Kirche oder in eine Kirche überhaupt gehen. Es war auch spannend, weil der queerfeministische Chor und der Frauenchor der Reitschule auch sehr unterschiedliche Generationen und und unterschiedliche Ausprägungen der feministischen Bewegung wieso darstellen Und dass wir das alles zusammenbringen konnten in diesem Abend? Das war wirklich, wirklich für mich so ein Highlight. Und weil es nicht darum ging, irgendwie was zu diskutieren oder irgendwas jetzt hier so mit dem Kopf zu machen, sondern weil es wirklich so ein Abend war. Auch für fürs Herz und für den Körper mit dem Singen. Sie haben dann am Ende hat die eine Dirigentin noch ein Lied angestimmt, wo alle mitsingen konnten und das war für mich wirklich so ein sehr starker Moment, wo ich das Gefühl hatte, auch für mich persönlich haben sich viele Dinge so verknüpft in diesem Moment. Die, die für mein Leben wichtig sind. Und das andere, finde ich, ist so ein ganz, ganz kleiner Satz. Eigentlich eine. Eine junge Frau, die beim Festival der Kulturen sich engagiert, die ist bei uns, ist irgendwie durch diesen Schichtplan dazugestoßen, weil irgendjemand in der Hochschule der Künste diesen Schichtplan rumgeschickt hat. Und dann hat sie bei uns im Buffet geholfen. Sie kommt aus dem Iran und studiert hier in Bern. Und das war so lustig. Und dann irgendwann habe ich mal so mit ihr gesprochen, wie es für sie ist, jetzt bei uns mitzumachen und was die Gründe sind, warum sie sich entschieden hat. Und dann hat sie zu mir gesagt Weißt du, es war der erste Ort in dieser Stadt, wo ich das Gefühl hatte, es gibt hier keinen Rassismus. So berührend dieses Statement. Es ist natürlich nicht wahr, dass das stimmt, oder? Es ist ja immer kompliziert, diese ganze Frage von Antirassismus. Aber irgendwie festzustellen, dass diesen Anlass, den wir gemeinsam gestalten, um über Rassismus zu sensibilisieren, dass wir irgendwie wenigstens für diese eine Person das Gefühl kreieren konnten, dass ihre Stimme hier genauso zählt, wie sie spricht und dass ihre Anwesenheit durch nichts in Frage gestellt wird. Das hat mich sehr berührt. Und da habe ich dann gedacht Ja, genau deshalb machen wir das genau.

00:49:52: Speaker 3: Vielleicht kann ich doch auch noch ein aktuelles, aktuelles Beispiel erzählen, das mir jetzt gerade noch in den Sinn gekommen ist. Schon seit Jahren feiern wir immer so um den zweite November herum den Dia de los Muertos oder wir nennen es auch die Zürcher Totenwache. Das kommt ja aus Mexiko. Eine uralte Tradition ist dort einer der höchsten Feiertage, wo es jetzt auch christianisiert worden, auch in Mexiko. Darum. Der zweite November auch. Wo? Und die haben in Mexiko halt einen ganz anderen Umgang mit dem Tod. Also viel so ein bisschen unbeschwerter, auch fröhlicher. An diesem Tag eben kommen in ihrer Tradition die Verstorbenen für einen Tag zurück und sie feiern zusammen und essen zusammen. Und es gibt so eine Gruppe von Menschen mit lateinamerikanischen Hintergrund. Mit denen bereite ich das dann immer vor. Ich muss jetzt sagen, so über die Jahre ist das immer dichter geworden und immer schöner. Also wir machen dann verschiedene Veranstaltungen in der Mitte der Kirche, einen sehr fröhlich farbenfroher, großer, geschmückter Altar, wo die Menschen auch Fotos mitbringen können, da hinstellen von ihren Verstorbenen. Und lang war das Fest so ein bisschen in lateinamerikanischer Hand. Und jetzt? Je länger, je mehr, kommen auch Zürcher und Zürcherinnen. Und auch da finde ich immer toll, so die Verknüpfung von Mystik und Widerstand. Hatten wir zum Beispiel eine Podiumsdiskussion zu Feminizide, die ich moderiert habe, also wo es so um ganz aktuell geht, um um um Frauen, die von ihren Partnern getötet wird. Und was kann man dagegen tun? Und dann aber auch das Spirituelle, eben die Abschlussfeier, wo dann auch ein eine Schamanin ein Ritual macht, ein hundert fünfzig Leute kamen und dann ganz verschiedene Gruppierungen Musik gemacht haben, getanzt haben. Zum Schluss noch ein kleines Jodlergrüppchen von der Empore spazierten. Sie jodeln langsam in der dunklen Kirche, nur mit so wenig Kerzen erhellt. Runter und haben diese archaischen Gesänge in die Kirche verbreitet. Ich glaube, alle hatten dann Gänsehaut.

00:51:57: Speaker 2: Verena, bei dir interessiert mich noch. Du hast ja so ein ein Angebot, was du selbst anbietest. Ich glaube, du sitzt einmal die Woche in der Kirche.

00:52:06: Speaker 3: Oder meinst du das Gespräch mit einer Pfarrperson? Wir teilen uns das auf. Wir sind ja drei Pfarrpersonen. Also alle drei Wochen bin ich da.

00:52:13: Speaker 2: Und kommt dann Leute auf Anmeldung zu dir. Oder sitzt du da einfach so? Ich bin jetzt da und jetzt schaue ich, wer durch die Tür spaziert kommt.

00:52:22: Speaker 3: Beides ist möglich. Also manchmal melden sich Menschen an, aber grundsätzlich ist es eben super niederschwellig. Was ich auch gut finde. Das heißt Leute können ohne Anmeldung einfach reinspazieren. Und es gibt auch immer wieder Leute, die spontan das Schild draußen sehen und denken Ach ja, das würde mir jetzt gerade gut tun. Andere wissen von dem Angebot und kommen einfach vorbei. Manchmal kommt auch niemand. Auch das gibt es aber doch. Regelmäßig kommen Menschen, also auch Menschen, die wirklich in existenzieller Not sind. Manchmal geht es auch um Geld, die Geld brauchen. Das geben wir eigentlich im Normalfall nicht und schauen halt mit ihnen. Wie können sie, wo können sie sich hinwenden? Also machen Triage Und dann gibt es natürlich die Menschen, die ja eine, die kommt regelmäßig, die einfach immer wieder unter ihrer großen Einsamkeit leidet. In dem Fall sie also überlegen wir gemeinsam wo. Wo kann sie hingehen, wo sie auch wieder andere Menschen trifft? Warum gelingt es nicht, Beziehungen zu knüpfen, dass wir da hinschauen? Also, wo ich auch immer wieder versuche, sie sie zu ermutigen, neue Wege zu probieren. Dann gibt es auch Leute mit spirituellen Fragen. Da gibt es immer mal wieder Menschen, die sagen Ich habe den Glauben an Gott verloren. Oder die Beziehung. Sie ist irgendwie nicht mehr da. Oft auch, weil sie Schweres erlebt haben. Was ich auch total verstehen kann, dass dann auch der Zweifel manchmal so groß wird, dass man sagt Hey, wo ist dieser Gott? Ja, das sind so die Anliegen der Menschen, die zu mir kommen.

00:53:55: Speaker 2: Es gibt in der Schweiz ja auch immer mehr Kirchengebäude, die, die aufgegeben werden müssen oder weil Gemeinden teilweise fusionieren auch. Und so würdet ihr sagen, das Konzept Citykirche wäre für manche auch ein Rettungsanker. Könnte man jetzt viel mehr Kirchen wie eure schaffen? Weil es gibt ja Gebäude und Macht, die zur Verfügung stehen würden.

00:54:19: Speaker 4: Man kann nicht an einem beliebigen Ort glaube ich eine Citykirche machen. Also die Frage über die Umnutzung von Kirchengebäuden und wozu wir Kirchengebäude nutzen könnten an unterschiedlichen Orten ist natürlich eine eine spannende Frage. Und da gibt es sicher Impulse aus der Kirchenarbeit, die man übernehmen kann. Aber grundsätzlich ist ja gerade diese lebensweltlich oder lebensraumorientierte Ansatz für diese Kirchen sehr wichtig und und der ist halt ganz unterschiedlich an einem Ort. Also ich glaube jetzt, wenn man, wenn ich auf unsere Arbeit schaue, gibt es natürlich Dinge, die man irgendwie gut an verschiedenen Orten machen kann. Foodsafe Bankette haben wir angefangen bei uns auf dem auf dem Bahnhofplatz. Und mittlerweile gibt es solche Bankette an ganz vielen Orten in der Schweiz und auch in sehr ländlichen Regionen. Weil es etwas ist, was quasi das Netzwerk der Kirchgemeinde wie so als Basis benutzt. Und dieses Thema Erntedank und Lebensmittel, was man gut übertragen kann. Und dann gibt es andere Dinge wie eben diese Frage von Obdachlosigkeit sucht oder so? Das sind vielleicht Themen, die eher in der Stadt sind. Ich glaube auch die ganzen Angebote von uns, die, die sozusagen mit Laufkundschaft zu tun haben, wie wie der musikalische Adventskalender. Der musikalische Adventskalender ist darum so attraktiv, weil er diese Pause anbietet an dem Ort, wo man eh schon ist. So, und ich glaube kaum, dass irgendwie ein hundert Leute oder so jeden Mittag irgendwo hinfahren würden, um diese Musik zu hören. Auch wenn Advent ist und es schön ist. Aber es ist was anderes, wenn es direkt sozusagen vor deiner Nase angeboten wird.

00:55:59: Speaker 3: Ich habe das Gefühl, der Unterschied von dem, was wir machen und Quartierkirchen ist gar nicht mehr so groß, wie es vielleicht noch vor zehn oder zwanzig Jahren waren. Und gleichzeitig eben immer mehr Leute treten aus der Kirche aus. Unsere Finanzierungsmöglichkeiten werden geringer und natürlich auch. In Zürich heißt es Wir haben zu viele Gebäude. Also längerfristig können wir das einfach nicht finanzieren, weil das Aufrechterhalten von von Räumen und Infrastruktur auch jetzt denke ich gerade im Winter so Heizkosten von riesigen Kirchen, das kostet einfach sehr viel Geld und da müssen wir uns schon überlegen, wie können wir die Kirchen auch umnutzen, damit also neue Trägerschaften suchen, damit wir das nicht mehr weiter finanzieren müssen und zum Beispiel unserem Kirchenkreis an Bullinger Da gibt es auch eine moderne Kirche und da zum Beispiel seit ein paar Jahren haben wir das, vermieten wir das der Stadt. Das Stadtparlament dort, also das Haus Gemeindehaus, wird renoviert, das heißt, die haben einen neuen Ort gesucht und jetzt gehen da Politiker in den ein und aus und es dauert noch ein paar Jahre und wie das dann weitergeht, ob wir das dann ganz denen übergeben oder eine neue Nutzung suchen. Das ist noch offen, aber zumindest in Zürich. Ich weiss nicht, wie es in Bern ist. Wird das schon je länger je mehr diskutiert? Wie können wir die Kirchen neu nutzen mit anderen Trägerschaften?

00:57:36: Speaker 4: Und doch finde ich einen kleinen Widerspruch. Ich weiss nicht, ob es ein Widerspruch ist, aber was ja das Besondere ist an Citykirchen ist, dass wir diese ultra wertvolle Fläche offen halten, dass wir sagen, hier könnte man Geld verdienen ohne Ende und wir machen es nicht. Und das ist eigentlich auch wieder das Widerständige an Citykirchen, jetzt im Kontext der City. Und ich glaube, es ist aber auch diese diesen Kern sozusagen, steckt in jedem Kirchgemeinde Haus. Weil die Frage der Optimierung scheint mir schon immer wieder in diesem Diskurs, der notwendig ist und den ich auch sehr unterstütze. Wie viele Räume brauchen wir tatsächlich und wozu? Und so gibt es wie diese Gefahr, dass wir diesen diesen Optimierungs und Kapitalisierungsargumenten sehr viel Gewicht verleihen und dabei vergessen, was die Funktion dieser Räume ist und dass eben diese Funktion der Leerstelle, diese Regula Grünenfelder hat mal irgendwo geschrieben der einzige Ort, wo das ganze Dorf darin Platz hat. Es braucht diesen Ort und das ist wichtig für die Demokratie. Es ist vom Anfang, von unserem Gespräch. Es ist wichtig, wenn wir uns zusammenhalten wollen, dass wir irgendwo überhaupt zusammenkommen können. Und gerade diese Quartierkirchen haben manchmal solche Funktionen. Ich kenne Dörfer zum Beispiel, wo es plötzlich keinen Platz mehr gibt für die Chöre zum Proben, weil die Kirchgemeinde entschieden hat, dass jetzt alle Räume nur noch zu marktüblichen Preisen vermietet werden. Und das kann das Ende bedeuten für einen Chor. Und ein Chor ist nicht nur ein musikalisches Privatprojekt von irgendwelchen Menschen, sondern es ist ein lebendiger Organismus in einem Dorf. Diese Frage, so scheint mir recht wichtig und dort, finde ich, können sich die Kirchen schon eine Inspiration sein, weil es völlig unvernünftig ist, sie zu betreiben. Eigentlich, weil man die Fläche, auf der sie stehen, für sehr, sehr viel Geld die ganze Zeit vermieten könnte. Also uns bei unserer Kirche ein hundert Prozent, oder? Und, und. Ich glaube, diesen widerständigen Aspekt, der scheint mir sehr wichtig, wenn wir über diese Fragen diskutieren.

00:59:40: Speaker 2: Das ist doch ein passendes Schlusswort. Offen sein und offen bleiben. Höre ich bei euch raus? Verena und Andrea vielen, vielen Dank für diese angeregte Diskussion.

00:59:50: Speaker 3: Danke dir auch.

00:59:51: Speaker 4: Für.

00:59:53: Speaker 2: Das heutige Abschlusszitat. Nimmt uns noch mal mit in die Atmosphäre einer offenen Kirche. Ich habe die Schilderung entnommen aus einem Artikel von nordkirche.de über die Kirche Sankt Petri in Hamburg Altona.

01:00:06: Speaker 1: Lichtreflex.

01:00:08: Speaker 2: Es ist ein sonniger Tag. Die Straßen sind belebt, Menschen schieben Kinderwagen, tragen die Post aus oder eilen zu ihren Büros. Die Kirche ist ein Kontrast. Einmal die schwere Klinke heruntergedrückt, befindet man sich in einer anderen Atmosphäre. Hier ist die Luft kühl und der Raum still. Durch die Kirchenfenster bricht das Licht in Regenbogenfarben. Wer möchte, kann sich setzen und es betrachten. Vielleicht ein Gebet dabei sprechen oder einfach seinen Gedanken nachhängen. Hier drinnen ruht der Alltag. Die offene Kirche ist für die Menschen zugleich Türöffner zur eigenen Spiritualität und Brücke zur christlichen Gemeinde. Ja, liebe Hörerinnen und Hörer, vielen, vielen Dank fürs Dabeisein und Mitdenken. Ihr hört diesen Podcast nicht nur auf unserer Webseite exers.ch, sondern auch auf Podigi, Apple Podcasts und allen anderen gängigen Plattformen. Abonniert uns doch da und verpasst keinen neuen Folgen. Und lasst uns eine positive Bewertung da. Das hilft bei der Sichtbarkeit. Merci. Auf Instagram und Facebook findet ihr die neuesten Posts tags. In der nächsten Folge von Reflex, die in zwei Wochen kommt, habe ich einen besonderen Gast zu Besuch, nämlich Rita Famos, die Präsidentin der EKS und auch Präsidentin der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. Nimmt sich Zeit, mit uns auf das Jahr zwei tausend fünf und zwanzig zurückzublicken. Und bis dahin bleibt reflektiert bei. Bis dahin bleibt reflektiert. Bis dahin bleibt reflektiert bei.

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